2010 RACE – Modell
Das RACE-Modell ist ein strategischer Rahmenwerk für digitales Marketing, das Unternehmen dabei unterstützt, ihre Marketingaktivitäten zu planen, zu steuern und zu optimieren. Entwickelt wurde es von Dr. Dave Chaffey, einem Experten für digitales Marketing.
Natürlich ist RACE keine komplette Neuerfindung. Vielmehr baut das Modell auf bekannten Marketingprinzipien auf, z. B. dem Marketing-Funnel, Kundenzentrierung oder dem Multi-Channel-Ansatz, adaptiert diese aber für das digitale Marketing.
Das RACE-Modell konzentriert sich auf digitales Marketing und ergänzt das ursprüngliche Konzept vor allem mit einem vorgesetzten Planungsschritt und führt auf der letzten Ebene (“Engage”) das Thema Kundenbindung ein.
Das Modell ist besonders nützlich, um eine umfassende Marketingstrategie zu entwickeln, die den gesamten Kundenlebenszyklus abdeckt.
RACE steht für:
- Reach (Erreichen)
- Act (Interagieren)
- Convert (Konvertieren)
- Engage (Binden)
Reach (Erreichen)
- Ziel: Neue Zielgruppen erreichen und die Markenbekanntheit steigern.
- Ziel: Neue Zielgruppen erreichen und die Markenbekanntheit steigern.
- Messgrößen: Website-Traffic, Social Media Reichweite, Impressionen, Klickrate (CTR)
- Maßnahmen: Optimierung der Website für Suchmaschinen, Social Media Kampagnen, bezahlte Werbung
Beispiel: Ein Unternehmen könnte bezahlte Anzeigen schalten oder Suchmaschinenoptimierung (SEO) betreiben, um mehr Besucher auf die Website zu ziehen.
Act (Interagieren)
- Ziel: Nutzer zur Interaktion bewegen – dies kann das Lesen eines Blogbeitrags, das Ansehen eines Videos oder das Hinterlassen eines Kommentars sein.
- Kanäle: Website, Social Media, Blogs, Landing Pages
- Messgrößen: Verweildauer auf der Website, Seitenaufrufe, Social Shares, Kommentare
- Maßnahmen: Hochwertige Inhalte erstellen, interaktive Elemente (z. B. Umfragen, Quizze), Call-to-Actions (CTAs)
Beispiel: Eine Landing Page mit klaren CTAs könnte Besucher dazu motivieren, sich für einen Newsletter anzumelden oder ein Whitepaper herunterzuladen.
Convert (Konvertieren)
- Ziel: Nutzer in zahlende Kunden umwandeln – der Fokus liegt auf der Generierung von Leads und Verkäufen.
- Kanäle: E-Commerce-Plattformen, E-Mail-Marketing, Lead-Nurturing
- Messgrößen: Conversion Rate, Anzahl der Verkäufe, durchschnittlicher Bestellwert, ROI (Return on Investment)
- Maßnahmen: Optimierung der Conversion-Rate, Retargeting-Kampagnen, Sales-Promotions
Beispiel: Ein Online-Shop könnte Rabattaktionen oder personalisierte Produktempfehlungen einsetzen, um mehr Verkäufe zu erzielen.
Engage (Binden)
- Ziel: Kundenbindung und Loyalität fördern – dies führt zu wiederholten Käufen und positiven Empfehlungen.
- Kanäle: E-Mail-Marketing, Social Media, Kundenservice, Treueprogramme
- Messgrößen: Kundenbindung, Wiederkaufrate, Net Promoter Score (NPS), Kundenbewertungen
- Maßnahmen: After-Sales-Service, exklusive Angebote für Bestandskunden, Community-Aufbau in Social Media
Beispiel: Regelmäßige Newsletter mit personalisierten Inhalten oder Treueprogramme könnten Kunden dazu motivieren, wiederholt zu kaufen.
Vorteile des RACE-Modells
- Ganzheitlicher Ansatz: Deckt den gesamten Kundenlebenszyklus ab, von der ersten Kontaktaufnahme bis zur langfristigen Kundenbindung.
- Flexibilität: Kann auf verschiedene Marketingkanäle und -strategien angewendet werden.
- Messbarkeit: Fokus auf messbare KPIs, die den Erfolg der Marketingaktivitäten bewerten.
Zusammenfassung
Das RACE-Modell hilft Unternehmen dabei, ihre digitale Marketingstrategie strukturiert aufzubauen und zu optimieren. Es stellt sicher, dass alle Phasen der Customer Journey berücksichtigt werden, sodass Unternehmen nicht nur mehr Kunden gewinnen, sondern auch langfristige Beziehungen zu ihnen aufbauen können.
2011 ZMOT – Zero Moment of Truth
Das ZMOT-Modell von Google aus dem Jahr 2011 basiert auf dem First and
Second Moment of Truth (2005), das bereits in Kapitel 6 erläutert wurde.
Google führt hiermit den sogenannten Zero Moment of Truth (ZMOT) ein, der vor dem FMOT stattfindet. Der ZMOT beschreibt die Phase, in der sich Kunden online über ein Produkt informieren, z. B. durch Rezensionen, Bewertungen oder Social Media.
Google teilt in diesem Modell das Kaufverhalten von Endkundinnen und -kunden in vier
sogenannte Micro-Moments auf, die maßgeblich über den endgültigen Kauf entscheiden. Diese Mikromomente finden im Zero Moment of Truth statt:
I want to know: In dieser Phase sucht die Käuferin oder der Käufer nach Informationen über das Produkt oder den Service. Dabei hat der potenzielle Kunde noch keine Entscheidung getroffen und ist daher offen für Markenbotschaften, sofern sie ihm einen Mehrwert bieten.
I want to go: Während dieser Phase suchen
Käuferinnen und Käufer lokal nach Dienstleistungen, Produkten oder Geschäften in
ihrer unmittelbaren Umgebung.
I want to do: Im I-want-to-do-Moment suchen Nutzerinnen und Nutzer gezielt nach Anleitungen und Tutorials. Bieten Unternehmen solche Inhalte an, haben sie gute Chancen, damit zu überzeugen.
I want to buy: Für Unternehmen ist der I-want-to-buy-Moment im ZMOT von zentraler Bedeutung. In den USA recherchieren 82% der Nutzerinnen und Nutzer unmittelbar vor dem Kauf im Geschäft online über das Produkt und vergleichen Preise
Betrachtet man die oben beschriebenen vier Micro-Moments, so wird deutlich, dass man potenzielle Endkundinnen und -kunden nicht mehr nur über ein klassisches Push-Marketing erreichen kann, da dieses entweder nicht mehr funktioniert oder die Maßnahmen so teuer werden, dass sie nicht mehr rentabel sind. Die Herausforderung des Modells besteht darin, für jeden Moment die richtige Strategie parat zu haben. Wenn sich der User im I-want-to-know-Moment befindet, kann man zum Beispiel mit Infografiken oder Know-how-Artikeln seine Aufmerksamkeit erlangen und die Markenbotschaft platzieren.
Insgesamt zeigt das ZMOT-Modell, dass die Customer Journey wesentlich früher beginnt und alle Kanäle betrifft, über die ein Unternehmen mit Kundinnen und Kunden in Kontakt tritt oder von ihnen wahrgenommen werden kann. Wendet man das Modell an, kann die Kundin beziehungsweise der Kunde bereits vor dem eigentlichen Kaufprozess abgeholt werden
Der Ansatz des dreistufigen Modells (Stimulus, FMOT und SMOT) unterscheidet sich
vom Marketing-Modell, das den ZMOT einbezieht, in mehreren Punkten. Dazu gehören:
- Der Beginn der Customer Journey findet online statt, wo die Nutzerin oder der Nutzer über reguläre oder soziale Suchmaschinen nach Informationen sucht, die das Unternehmen bereitstellen kann
- Es besteht bereits eine emotionale Bindung zwischen der Nutzerin oder dem Nutzer und dem Produkt, die das Interesse und das Engagement stärkt.
- Das Bedürfnis der Kundin oder des Kunden kann jederzeit auftreten und ist nicht auf bestimmte Zeiten oder Orte beschränkt.
- Der User ist bereits an einem bestimmten Thema oder Produkt interessiert und sucht aktiv nach spezifischen Informationen, was eine gezieltere Marketingstrategie ermöglicht.
- Es besteht bereits eine emotionale Bindung zwischen der Nutzerin oder dem Nutzer und dem Produkt, die das Interesse und das Engagement stärkt.
- Dialog statt Monolog: Es entsteht ein Austausch zwischen dem Unternehmen, Produktexpertinnen und -experten, Influencerinnen und Influencern sowie anderen Kundinnen oder Kunden, der eine dynamischere Interaktion und neue Potenziale ermöglicht.
2020 Messy Middle
Das Messy-Middle-Modell beschreibt, wie Konsumenten im digitalen Zeitalter Kaufentscheidungen treffen. Es wurde von Google in einer Studie vorgestellt, um zu erklären, wie komplex und nicht-linear die Customer Journey heutzutage ist. Im Gegensatz zu klassischen Modellen, bei denen der Kaufentscheidungsprozess als linearer Funnel (Trichter) dargestellt wird, zeigt das Messy-Middle-Modell, dass sich Konsumenten in einer dynamischen Schleife zwischen verschiedenen Phasen bewegen, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen.
Grundlagen des Messy-Middle-Modells
Das Modell konzentriert sich auf die Unordnung (engl. “messy”) im Zentrum des Kaufprozesses, wo Konsumenten sich intensiv mit Informationen auseinandersetzen. Es gibt zwei zentrale Phasen im Messy-Middle:
• Exploration (Exploration)
• Bewertung (Evaluation)
Die zwei zentralen Phasen des Modells
1. Exploration (Erkundung)
Ziel: Neue Informationen sammeln und Möglichkeiten entdecken.
In dieser Phase suchen Konsumenten aktiv nach Produkten, Marken oder Lösungen, die ihren Bedürfnissen entsprechen.
Typische Aktivitäten: Google-Suchen, Lesen von Blogposts, Anschauen von YouTube-Videos, Durchstöbern von Social-Media-Posts oder Online-Rezensionen.
Konsumenten sind offen für viele Optionen und erweitern ihre Auswahl.
2. Evaluation (Bewertung)
Ziel: Optionen vergleichen und abwägen.
Hier analysieren Konsumenten die gesammelten Informationen, vergleichen Produkte, lesen Bewertungen und prüfen Alternativen, um eine Entscheidung zu treffen.
Typische Aktivitäten: Preisvergleichsseiten besuchen, Produktbewertungen lesen, Testberichte konsultieren, Produktvideos ansehen.
Konsumenten filtern und reduzieren die Auswahl, um die beste Entscheidung zu treffen.
Der ständige Wechsel zwischen Exploration und Evaluation
1. Social Proof: Menschen orientieren sich an den Entscheidungen anderer (z. B. Kundenbewertungen, Influencer-Empfehlungen).Im Messy-Middle bewegen sich Konsumenten ständig hin und her zwischen den Phasen der Exploration und Evaluation, bevor sie sich entscheiden. Das bedeutet, dass sie sich nicht in einem linearen Prozess befinden, sondern in einem dynamischen Zyklus, der stark durch externe Einflüsse geprägt wird, wie z. B.:
Trigger (Auslöser): Werbeanzeigen, Empfehlungen, Sonderangebote.
Biases (Verzerrungen): Psychologische Effekte, die die Kaufentscheidung beeinflussen (z. B. soziale Bestätigung, Knappheit, Vertrautheit).
Sechs kognitive Verzerrungen (Biases)
Im Rahmen ihrer Studie identifizierte Google sechs wichtige kognitive Verzerrungen, die Konsumenten während des Kaufprozesses beeinflussen:
- Category Heuristics: Einfache Faustregeln, die Konsumenten bei der Entscheidung helfen (z. B. “höherer Preis = bessere Qualität”).
- Social Proof: Menschen orientieren sich an den Entscheidungen anderer (z. B. Kundenbewertungen, Influencer-Empfehlungen)
- Scarcity Bias: Das Gefühl der Knappheit erhöht die Dringlichkeit (z. B. “nur noch 2 Stück verfügbar”).
- Authority Bias: Vertrauen in Expertenmeinungen oder bekannte Marken (z. B. Testsieger-Siegel).
- Power of Free: Der Reiz des Kostenlosen zieht Konsumenten an (z. B. “Gratisversand”).
- Power of Now: Sofortige Belohnung wird der langfristigen vorgezogen (z. B. “heute bestellen, morgen liefern”).
Schlussphase: Kaufentscheidung
Nachdem Konsumenten den Zyklus aus Exploration und Evaluation durchlaufen haben, treffen sie schließlich eine Kaufentscheidung. Diese kann jedoch durch letzte Einflüsse wie Sonderangebote oder gezielte Retargeting-Kampagnen beeinflusst werden.
Vorteile des Messy-Middle-Modells
- Realitätsnah: Das Modell spiegelt die tatsächliche Komplexität des heutigen Konsumentenverhaltens wider.
- Flexibilität: Zeigt, dass Kaufentscheidungen nicht mehr linear sind, sondern in Schleifen verlaufen, was Unternehmen hilft, ihre Marketingstrategien anzupassen.
- Optimierungspotenzial: Erkenntnisse aus dem Modell helfen Unternehmen, ihre Kundenansprache zu verbessern, indem sie z. B. gezielt auf die identifizierten Biases eingehen.
Praktische Anwendung für Unternehmen
Um das Messy-Middle zu nutzen, können Unternehmen folgende Strategien anwenden:
- Content-Marketing optimieren, um in der Explorationsphase präsent zu sein.
- Social Proof und Bewertungen hervorheben, um die Entscheidungsfindung zu unterstützen.
- Sonderaktionen und Verknappung (z. B. zeitlich begrenzte Angebote) nutzen, um Kaufimpulse zu setzen.
- Retargeting-Kampagnen schalten, um unentschlossene Kunden zur Conversion zu bringen.
Zusammenfassung
Das Messy-Middle-Modell verdeutlicht, dass moderne Kaufentscheidungen durch dynamische und nicht-lineare Prozesse geprägt sind. Kunden bewegen sich hin und her zwischen der Erkundung neuer Optionen und der Bewertung dieser Optionen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Unternehmen, die verstehen, wie sie in diesem unordentlichen Mittelteil präsent sein können, haben eine bessere Chance, Kunden zu gewinnen und zu binden.
Das Fazit
Das Verhalten von Konsumentinnen und Konsumenten wird durch eine Vielzahl von Parametern beeinflusst. Die aktuellen Entwicklungen haben gezeigt, dass unsere bisherigen Verhaltensweisen durch äußere Faktoren ins Wanken geraten und Produkte plötzlich nicht mehr verfügbar sind oder immensen Preissteigerungen unterliegen. Diese zusätzlichen externen Parameter erfordern von den Unternehmen im B2C- und B2B-Bereich noch mehr Flexibilität in der Beziehung zu Endkundinnen und Endkunden. Starre Modelle wie AIDA, der Funnel oder DAGMAR werden aufgrund ihrer Linearität immer weniger in der Lage sein, den Markt und das Verkaufsverhalten abzubilden. Unternehmen müssen daher zukünftig ihre Verkaufsstrategie dynamischer und flexibler gestalten, um schnell auf sich ändernde Bedingungen reagieren zu können. Statische Modelle müssen hier durch dynamische Komponenten aus modernen Verkaufsmodellen sinnvoll ergänzt werden.
Welches Modell gewählt wird, ist wie immer eine sehr individuelle Entscheidung und hängt von vielen Faktoren ab.
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